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Die Höhe des Schmerzensgeldes wird zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bemessen

Ausgangssituation:

Die Klägerin war durch Behandlungsfehler bei der Geburt außerordentlich schwer geschädigt worden. Sie ist vollständig inkontinent und muss mit einer Sonde ernährt werden. Sie ist hochgradig sehbehindert und hörbehindert. In diesem Fall streiten die Parteien insbesondere um ganz erhebliche Pflegekosten und um den immateriellen Ersatz (Schmerzensgeld).

Die Eltern der Klägerin haben ein Schmerzensgeld von 550.000 € für angemessen gehalten

Die Beklagten waren der Ansicht, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes auf den Zeitpunkt der Geburt der Klägerin abzustellen sei, sodass die damaligen Schmerzensgeldvorstellungen und Präjudize aus Schmerzensgeldtabellen heranzuziehen seien, sodass ein Betrag in Höhe von 300.000 € als immaterieller Ersatz ausreichend sei. Diesen Betrag haben die Beklagten am 16.3.2018 gezahlt. Das Gericht hat aufgrund der außerordentlichen Lebensbeeinträchtigungen der Klägerin einen Betrag von 550.000 € zugesprochen. Einen höheren Betrag konnte es nicht zu sprechen, da der Klageantrag der Eltern exakt formuliert war. Sie hatten beantragt, dass ein Schmerzensgeld von exakt 550.000 € zu zahlen ist. Daran kann man erkennen, dass die Eltern nicht von einem Fachanwalt für Medizinrecht vertreten worden sind. Der sinnvollere Antrag wäre gewesen nach oben offen zu beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 550.000 € nebst Zinsen zu zahlen. Dann hätte das Gericht ein noch höheres Schmerzensgeld zugesprochen, wie es selbst angedeutet hat.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Schädigung an…

Das Gericht hat zutreffend entschieden, dass es nicht auf den Zeitpunkt der Schädigung ankommt, sondern dass für die Höhe des Schmerzensgeldes die bei Schluss der mündlichen Verhandlung feststehenden Umstände einschließlich vorstellbarer Dauerfolgen und unvorhersehbarer Spätfolgen maßgeblich sind. Der immaterielle Ersatz steigt vor allem bei Großschäden ständig. Die Gerichte sprechen immer höhere Schmerzensgelder zu. Der beklagte Krankenhausträger hatte also ein sehr großes Interesse daran, dass das Gericht für die Bemessung des Schmerzensgeldes die Rechtslage aus dem Jahr 1993 zugrunde legt. Zu diesem Zeitpunkt hätten Gerichte der Klägerin vielleicht 150.000 € zugesprochen. Das konnte nicht richtig sein und das Gericht hat dies zutreffend erkannt. Hinzu kommt Folgendes: die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldkapitals wird nicht nur durch die Inflation, sondern auch durch die Niedrigzinsphase angegriffen. Während ein hoher Schmerzensgeldbetrag in früheren Zeiten erhebliche monatliche Zinserträge einbrachte, sind die heutigen Sparbuchzinsen ein Witz. Wenn der Strafzins kommt, sind sie ein bösartiger Witz. Mit dem Einfluss der Niedrigzinsphase auf die Bemessung des Schmerzensgeldes beschäftigt sich folgender Newsbeitrag ausführlich: Höchstes Schmerzensgeld in Deutschland: 800.000,- Euro.  
„Der lange Zeitablauf hat das uneinsichtige Krankenhaus noch jede Menge Zinsen gekostet. Viel besser hätten die Eltern der Geschädigten das Geld kaum anlegen können. Vom 16.12.2003 bis zum Urteilsspruch am 5.2.2020 sind insgesamt 454.884 € Zinsen angefallen“, sagt Patientenanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.

Das vollständige Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5.2.2020 – 2-04 O 23 /19 können Sie hier als PDF Datei (3,5 MB) herunterladen:

LG Frankfurt, Urteil vom 5.2.2020 – 2-04 O 23 /19

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