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Erhöhung des Schmerzensgeldes bei verzögerter und unangemessener Regulierung des Schadens

Eine aufgrund eines Verkehrsunfalls schwerstgeschädigte junge Frau erhielt für ihre außerordentlich gravierenden Lebensbeeinträchtigungen, etwa:

  • Querschnittslähmung mit Kurzdarmsyndrom 400.000 € Schmerzensgeld.
Das Gericht hat das Schmerzensgeld um 30.000 € auf insgesamt 430.000 erhöht wegen unangemessener und verzögerter Regulierung.

Zermürbung durch Hinauszögern der Schadensregulierung?

Der Punkt ist nämlich folgender: wenn die Schadensregulierung unangemessen hinausgezögert wird, liegt die Vermutung nahe, dass der Geschädigte zermürbt werden soll, um dann eine Abfindung zu akzeptieren, die unterhalb eines angemessenen Betrages liegt. Das Opfer wird dann als unbequemer Bittsteller behandelt. Der Haftpflichtversicherer trägt das Risiko seines Regulierungsverhaltens, wenn sich die verfahrensverzögernden Einwände gegen das Schmerzensgeld als Hinhaltetaktik, kleinlich demütigend oder bagatellisierend erweisen.

Höheres Schmerzensgeld bei Zermürbungsversuch!

Genau das war hier der Fall. Wirkt das Regulierungsverhalten auf den Geschädigten wie ein Zermürbungsversuch, so sind die Gerichte verpflichtet, einem Missbrauch wirtschaftlicher Macht dadurch entgegenzuwirken, dass sie dem Geschädigten ein höheres Schmerzensgeld zusprechen. Der beklagte Haftpflichtversicherer hat die Regulierung des Schadens ohne erkennbaren Grund unangemessen verzögert. Der Haftpflichtversicherer ist verpflichtet, von sich aus die Regulierung zu fördern und angemessene Abschlagszahlungen zu leisten, sobald die Einstandspflicht bei verständiger lebensnaher, objektiver Betrachtungsweise erkennbar wird.

Über 5 Jahre keinerlei Ersatz der materiellen Schäden

In diesem Fall hat der Beklagte bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem Landgericht über den Zeitraum von fünfeinhalb Jahren keinerlei Ersatz der materiellen Schäden gezahlt, sondern nur einen Vorschuss auf Schmerzensgeld. Das hat sich dem Gericht nicht erschlossen. Die Beklagte hat vielmehr die Klägerin dazu genötigt, das Schmerzensgeld und Vermögen ihrer Eltern zur Finanzierung des behindertenbedingten Mehraufwandes und Bestreitung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen und das danach noch verbleibende Schmerzensgeld zur Prozessführung einzusetzen. Das ist ein Versuch, die Klägerin zu zermürben und derart unter Druck zu setzen, dass sie der von der Beklagten vorgegebenen gütlichen Regelung zustimmt (was sie dann glücklicherweise nicht getan hat, sondern für ihr Recht vor Gericht gezogen ist).

Zusätzlich sogar Schmerzensgeld erhöht

Außerdem hielt das Gericht den Prozessvortrag des Beklagten für derart unangebracht, dass auch hier das Schmerzensgeld zusätzlich zu erhöhen war. Der Prozessvortrag lasse den Eindruck deutlich werden, dass der Beklagte die Verletzung der Klägerin kleinreden will; außerdem würden berechtigte Ansprüche zurückgewiesen mit einer Argumentation die zynisch und verletzend sei. Als Beispiel führte das Gericht an: die Beklagte hat in der ersten Instanz der Übernahme von Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Pkw widersprochen, gleichzeitig führt sie bei der Bemessung an, dass jüngere Geschädigte mit einem Pkw einen Grad von Selbstständigkeit erreichen können, der von älteren Geschädigten nicht mehr erreicht werde, sodass das Schmerzensgeld zu mindern sei. Das ganze Verhalten der Beklagten lasse jegliches Maß an Empathie gegenüber der schwerstgeschädigten Klägerin vermissen.
„Ein uneinsichtiges vorgerichtliches oder prozessuales Verhalten rechtfertigt eine signifikante Erhöhung des immateriellen Schadensersatzes“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach, „das gilt insbesondere dann, wenn sich durch die zögerliche Regulierung der Zustand des psychisch durch die Lebensbeeinträchtigungen ohnehin angeschlagenen Opfers weiter verschlechtert.“

Das vollständige Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Februar 2019 – 11 U 136/ 16 können Sie hier als PDF (80 KB) herunterladen:

OLG Hamm, Urteil vom 15.02.2019 – 11 U 136/16

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