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Es liegt ein grobes Organisationsverschulden, wenn in der hausärztlichen Versorgung das Ergebnis eines Laborbefundes (Blut) nicht mit dem Patienten besprochen wird

In diesem tragischen Fall verlangen die Eltern aus ererbtem Recht Schmerzensgeld für ihre mit 25 Jahren verstorbene Tochter und auch Schadensersatz von dem beklagten Hausarzt.

Auffällige Blutwerte vor Kiefer-OP

Die Tochter hatte mit Blick auf eine anstehende Kieferoperation bei ihrem Hausarzt eine Blutuntersuchung vornehmen lassen. Die Blutwerte waren außerordentlich auffällig. Eine Besprechung der Laborwerte ist nicht erfolgt. Die Kieferoperation ist durchgeführt worden. Während des darauf folgenden halben Jahres litt die Tochter unter erheblichen Beschwerden, bis dann (endlich) in einer Universitätsklinik eine akute Leukämie festgestellt wurde. Doch dann war es zu spät. Wenige Tage später ist sie verstorben.

Verurteilung des Hausarztes zu 20.000 € Schmerzensgeld

Das Landgericht hat den Hausarzt verurteilt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 € an die Eltern zu zahlen. Dem Beklagten sei ein grober Organisationfehler vorzuwerfen, da er nicht sichergestellt habe, die ermittelten Laborwerte auszuwerten. Aufgrund der unterlassenen Behandlung habe die Tochter bis zu ihrem Tod keine Schmerzmedikamentation bekommen. Außerdem seien die Überlebenschancen bei frühzeitiger Behandlung wesentlich höher gewesen (bei sofortiger Behandlung hätte sich eine Versterbenswahrscheinlichkeit von lediglich 5 Prozent ergeben!).

Schmerzensgeld von 10.000 € für die Mutter für das seelische Leid

Der Mutter sprach das Gericht zusätzlich 10.000 € eigenes Schmerzensgeld zu. Diese habe durch den Tod ihrer Tochter eine schwere depressive Episode sowie eine akute Belastungsreaktion erlitten. Langfristig besteht ein mittelschweres depressives Syndrom.

Das Oberlandesgericht hat in seinem Hinweisbeschluss keinen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen gehegt und empfohlen, die Berufung zurückzunehmen.

Nach der deutschen Rechtsordnung gab es zum Zeitpunkt des Todes der Tochter kein Schmerzensgeld für den Verlust eines Angehörigen. Normale Trauerreaktionen blieben entschädigungslos. Nur bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die über das normale Maß hinausgehen, musste immaterieller Ersatz geleistet werden (Schockschaden). Das war hier der Fall. Der Sachverständige hat eine ganz schwere Diagnose bestätigt. Der Krankheitsverlauf führte zu einer weitreichenden Isolierung der Mutter, dem nahezu völligen Verlust von Lebensfreude, sowie die Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit dahin, dass sie gefüttert werden musste.

Zukünftig auch Schmerzensgeld für Hinterbliebene

Die Tochter ist im Jahre 2010 verstorben. So lange hat sich der Prozess hingezogen. Mittlerweile gibt es bei dem Tod eines nahen Angehörigen nicht nur dann einen Ersatzbetrag, wenn ein Schockschaden vorliegt, sondern seit dem 22.07.2017 (nicht rückwirkend) wird Ersatz geleistet für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid aufgrund des Todes des Angehörigen.

“Bisher hat die Rechtsprechung zwischen 5.000 und 12.000 € Hinterbliebenengeld (Angehörigenschmerzensgeld) zugesprochen; das ist im Vergleich zu den Regelungen im europäischen Ausland sehr wenig“, sagt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Lovis Wambach.

Den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. September 2017 – 5 U 427 / 17 können Sie hier als PDF (40 KB) herunterladen:

OLG Koblenz, Beschluss vom 25.09.2017 – 5 U 427/17

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