Bei Behandlungsfehlern (siehe dort) kann man zusätzlich zum Ersatz der materiellen Schäden (siehe: Schadensersatz) auch den immateriellen Schaden, ein Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) beanspruchen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht den Anspruch auf Schmerzensgeld nicht als gewöhnlichen Schadensersatzanspruch, sondern als einen Ausgleichsanspruch mit einer doppelten Funktion. Das Schmerzensgeld soll dem Geschädigten einen angemessenen Ausgleich für die erlittenen Schäden bieten und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet. Das Schmerzensgeld soll körperliche und seelische Schmerzen, die Einbuße an Lebensfreude ausgleichen. Der Bundesgerichtshof sagt indessen zu Recht: „Es gibt insoweit keine wirkliche Wiedergutmachung.“ (BGH, Beschluss vom 06.07.1955 – Großer Zivilsenat 1/55). Der Ausgleichsanspruch ist mit Geld nur überaus unvollkommen und lediglich mittelbar zu verwirklichen, zumal in Deutschland die Entschädigung für erlittene Schmerzen reinweg unterbewertet ist. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von zahlreichen Faktoren ab. Beim Schmerzensgeld wird eine billige (= angemessene) Entschädigung gewährt. In diesem Fall will das Gesetz in der Regel alle unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit in Betracht kommenden Umstände des Falles und insbesondere die Verhältnisse aller Beteiligten berücksichtigt wissen. Besonders entscheidend sind: Das Ausmaß der Schmerzen (Intensität, Dauer, Folgeschäden, Entstellungen, Vermögensverhältnisse des Schädigers und des Geschädigten, etc.). Auch der Grad des Verschuldens spielt eine Rolle (Vorsatz, leichte Fahrlässigkeit). Ein Mitverschulden (etwa die Missachtung ärztlicher Weisungen) mindert den Anspruch. Der für einen Ausgleich erforderliche Geldbetrag hängt in erster Linie von dem Umfang der Schäden ab. Bei der Abwägung steht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (grundlegend: BGH, Beschluss vom 06.07.1955 – Großer Zivilsenat 1/55) die erlittene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigenden Umständen immer an der Spitze. Im Übrigen jedoch stellt der BGH ein Rangverhältnis der zu berücksichtigenden Umstände nicht auf, weil diese Umstände ihr Maß und Gewicht für die vorzunehmende Ausmessung der billigen Entschädigung erst durch ihr Zusammenwirken im Einzelfall erhalten. Jeder Fall ist dementsprechend anders-geartet und muss nach Abwägung aller Einzelumstände für sich beurteilt werden. Zudem ist es, wenn man sich außergerichtlich einigen kann, auch eine Frage des Verhandlungsgeschicks, beim Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer ein möglichst hohes Schmerzensgeld herauszuhandeln (siehe: Vergleich). Der Schmerzensgeldanspruch ist vererblich. Einige Beispiele:
- 30.000,- Euro bei Hornhauteintrübung und starke Sehschwäche nach fehlerhafter Laserbehandlung (LASIK). Die „Laser in-situ Keratomileusis“ (LASIK) heißt: Die Umformung der Hornhaut durch Anwendung von Laserenergie im Gewebe. Sie ist nicht ohne Risiken, über die schonungslos aufgeklärt werden muss, weil es sich um eine Schönheitsoperation (siehe: dort) handelt.
- 100.000,- Euro deutliche und bleibende Gehbehinderung, Spitzfußstellung, Belastungsminderung des rechten Beins nach behandlungsfehlerhaften Knieoperation; Aufgabe des Berufs. 40.000,- bis 50.000,- Euro für den Verlust der Gebärmutter wegen einer ärztlichen Fehlbehandlung.
- 160.000,- Euro für Brustamputationen; der jungen Patientin (30) wurden nacheinander beide Brüste wegen eines falschen Brustkrebsverdachts abgenommen.
- 170.000,- Euro für Lungenverlust (Entfernung der linken Lunge) bei einer 23 Jahre alten Frau (Studentin) wegen der behandlungsfehlerhaften Verkennung einer Tuberkulose, die ansonsten folgenlos ausgeheilt wäre.
- 340.000,- Euro bei vollständiger Erblindung eines drei Jahre alten Jungen.
- 250.000,- Euro bis 750.000,- Euro für schwere Geburtsschäden mit gravierenden körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen (Zerstörung der Persönlichkeit durch Hirnschaden).
- 1.400.000,- Euro für ein Kind mit schwersten Hirnschädigungen und körperlichen Defekten aufgrund AIDS.* Der Gynäkologe hatte der Schwangeren, die von ihrer Krankheit nichts wusste, keinen HIV-Test** angeboten. Dieser Test gehört zu den fachärztlichen Standards. Die Kosten des Tests werden während der Schwangerschaft von den Krankenkassen übernommen. Der Arzt hat sich tatsächlich damit verteidigt, er habe keinen Test angeboten, weil es sich um eine wohlhabende Person gehandelt habe, bei der er eine Infektion nicht erwartet habe.