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Brust

Organ
Die Brust (lat. Mamma) besteht aus Fett- und Bindegewebe sowie der Brustdrüse (Glandula mammaria). Die volle Ausbildung erfährt die Brustdrüse erst während der Schwangerschaft. Sie gibt dann bei stillenden Frauen Muttermilch durch feine Ausführungsgänge ab, die in der Brustwarze (Mamille) münden. Das Brustgewebe ist von Nerven, Adern und Lymphgefäßen durchzogen. Die Lymphgefäße verlaufen mehrheitlich von der Brust in Richtung Achselhöhlen, aber auch zum Brust- und Schlüsselbein. Sie sind regelmäßig von Lymphknoten unterbrochen.

Behandlungsfehler
In der Medizin beschäftigt sich die Senologie mit den Erkrankungen der weiblichen Brüste. Eine Entzündung der Brust wird Mastitis genannt, ein Spannungsschmerz Mastodynie. Gutartige Umbauvorgänge sind die Mastopathie, das Milchgangpapillom, Fibroadenom und Zysten. Vergrößerungen der Brust, die durch die Überproduktion endogener bzw. die Zufuhr von Hormonen verursacht wird, bezeichnet man als Hypertrophie. Einer der häufigsten Tumore bei Frauen ist der Brustkrebs (Mammakarzinom).
Als Behandlungsfehler kommen hier zuallererst in Betracht: Das Karzinom wird nicht rechtzeitig erkannt. Das ist von besonderer Bedeutung. Die Heilungschancen bei Brustkrebs sind gut; hat der Krebs aber in andere Regionen des Körpers gestreut (Metastasen gebildet), besteht mit heutigen Behandlungsmethoden keine Aussicht auf vollständige Heilung.
Häufig beschäftigt die Rechtsprechung auch ein für mich nicht nachvollziehbarer Behandlungsfehler: Eine oder beide Brüste werden amputiert, obwohl gar kein Brustkrebs vorhanden gewesen ist. Bei Verdacht auf Brustkrebs sollte man immer eine zweite Meinung einholen.
Zunehmend häufiger werden Schönheitsoperationen durchgeführt: Möglich sind sowohl Brustvergrößerungen durch Implantate als auch Brustverkleinerungen durch Entfernung von Fett-, Drüsen- oder Bindegewebe.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss bei Schönheitsoperationen schonungslos aufgeklärt werden:
Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher ist der Patientin, der dieser Eingriff angeraten wird oder den sie selbst wünscht, über dessen Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen zu informieren. Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen, die nicht, jedenfalls nicht in erster Linie der Heilung eines körperlichen Leidens dienen, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis. Die Patientin muss in diesen Fällen darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen sie günstigenfalls erwarten kann, und ihr müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden, damit sie genau abwägen kann, ob sie einen etwaigen Misserfolg des sie immerhin belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen. Noch weniger als sonst ist es selbstverständlich, dass sie in Unkenntnis dessen, worauf sie sich einlässt, dem ärztlichen Eingriff zustimmt, und es gehört andererseits zu der besonderen Verantwortung des Arztes, der eine kosmetische Operation durchführt, seiner Patientin das Für und Wider mit allen Konsequenzen vor Augen zu stellen.
Das Gesagte gilt grundsätzlich für Schönheitsoperationen und nicht nur für Brustvergrößerungen.

Schmerzensgeld

  • 160.000,- Euro für Brustamputationen; der Patientin wurden nacheinander beide Brüste wegen eines falschen Brustkrebsverdachts abgenommen. Das Gericht hat der Patientin mehr zugesprochen, als sie beantragt hat, was selten aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erlaubt ist. Das Gericht hat zutreffend ausgeführt, dass die physischen und psychischen Leiden der Patientin nicht mit einer bestimmten Geldsumme ausgeglichen werden können. Die Kompensation in Geld muss aber der Höhe nach die schweren Beeinträchtigungen widerspiegeln. Dabei hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass sich die Patientin mit gerade 30 Jahren dem ersten Eingriff unterziehen musste, starke Angst um ihr Leben haben musste, sich etwa sieben Monate später mit dem gleichen Krankheitsbild konfrontiert sah und auch die zweite Brust opfern musste. Sie hat zwei große Operationen mit Entfernung der Lymphknoten über sich ergehen lassen müssen. Als junge Frau hat sie beide Brüste verloren und muss bis an ihr Lebensende Prothesen mit den dadurch gegebenen gesundheitlichen Risiken tragen. Den damit verbundenen physischen und psychischen Beeinträchtigungen ist sie ein Leben lang ausgesetzt.
  • 145.000,- Euro bei einer Brustamputation rechts und Brustverletzung infolge kunstfehlerhaftem Brustimplantats links aufgrund grober Behandlungsfehler. Die Patientin musste sieben Operationen an der rechten Brust sowie zusätzliche Eingriffe an der linken Brust über sich ergehen lassen. Das Gericht sprach von einer Beeinträchtigung des körperlichen Erscheinungsbildes und von einem außergewöhnlich schlechten kosmetischen Ergebnis aufgrund der ungeeigneten Operationstechnik. Deutliche Worte findet das Gericht für das Verhalten des Berufshaftpflicht­versicherers: „Im Rahmen der Genugtuungsfunktion wirkt sich vorliegend erheblich Schmerzensgeld erhöhend aus, dass die Klägerin gezwungen war, in einem langwierigen und komplizierten Zivilprozess ihren Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagten durchzusetzen. Der Haftpflichtversicherer der Beklagten […] hat außergerichtlich zwar eine Schadensregulierung vorgenommen, die jedoch als völlig unzureichend betrachtet werden muss. Die geleistete Zahlung von 30.000,- Euro ist in Anbetracht der geschilderten Umstände bei weitem nicht angemessen. Selbst nachdem aufgrund der Gutachtenerstattung durch den gerichtlichen Sachverständigen […] ein schwerer Behandlungsfehler […] und eine Aufklärungspflichtverletzung […] festgestellt war, ist eine weitere Regulierung durch die Beklagten bzw. deren Versicherung nicht erfolgt. Die Kammer kann dieses Regulierungsverhalten nur mit Unverständnis zur Kenntnis nehmen. Die Klägerin hat nach nunmehr beinahe neun bzw. zehn Jahren nach den streitgegenständlichen Operationen lediglich einen ganz geringen Ausgleichsbetrag vom Versicherer der Beklagten ausbezahlt erhalten.“
  • 65.000,- Euro für eine nicht angezeigte Brustamputation (massive Aufklärungspflicht­verletzung) beider Brüste mit erheblicher psychischer Beeinträchtigung. Das Gericht hat besonders berücksichtigt, dass zu der für jede Frau (unabhängig von ihrem Alter) beträchtlichen seelischen Belastungen durch den Verlust ihrer natürlichen Brüste eine ganz erhebliche weitere Belastung hinzutrat, nämlich, als aufgrund von Komplikationen der Versuch scheiterte, die Brüste in einem nach heutigem medizinischen Standard akzeptablen Umfang künstlich zu rekonstruieren.
  • 56.000,- Euro für die Entfernung der linken Brust nach verspäteter Krebsdiagnose. Das Gericht sah in der Nichterkennung der Brustkrebserkrankung trotz jährlicher Vorsorgeuntersuchung einen fundamentalen Diagnosefehler, der als grober Behandlungsfehler zur Umkehr der Beweislast führte. Der Nachweis, ob sich bei rechtzeitiger Diagnose die Brustamputation hätte vermeiden lassen, liegt wegen der Beweislastumkehr bei der Behandlerseite. Normalerweise muss der Patient den Nachweis des Behandlungsfehlers und den Nachweis erbringen, dass seine Gesundheitsbeeinträchtigungen auf diesem Behandlungsfehler beruhen (Kausalität). Liegt ein besonders schwerer (grober oder fundamentaler) Behandlungsfehler vor, kehrt sich die Beweislast um. Dann muss der Arzt beweisen, dass der Schaden nicht auf seinem eigenen Fehler beruht (§ 630h Abs. 5 BGB). Eine Umkehr der Beweislast tritt auch dann ein, wenn der Arzt unzureichend oder gar nicht dokumentiert hat (§ 630h Abs. 3 BGB). Das Gericht hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes besonders die langwierige Heilbehandlung, die Chemotherapie und psychotherapeutische Langzeitbehandlung und das verzögerte Regulierungsverhalten des Versicherers berücksichtigt.
  • 11.500,- Euro für misslungene Brustimplantate. Die Besprechung des Urteils des Oberlandesgerichts Hamm – Aufklärungsumfang bei kosmetischen Eingriffen findet sich unter News. Die 2006 zugesprochenen 10.000 Euro ergeben inflationsbereinigt im Jahr 2016 etwa 11.500,- Euro.
  • 7.500,- Euro für die gesteigerte Angst vor Metastasen. Die vom Arzt verschuldete verspätete Erkennung der Krebserkrankung war nicht ursächlich für die Notwendigkeit, die Brust der Patientin zu amputieren. Der gerichtliche Gutachter (Sachverständige) hat aber mit statistischen Zahlen belegt, dass bei einem Mammakarzinom die Heilungschance vom Stadium bei seiner Entdeckung abhängt. Aus der Operationsverzögerung erwuchs damit eine gesteigerte Metastasengefahr. Diese Tatsache hat zu einer erhöhten psychischen Belastung der Patientin geführt, die das Gericht als entschädigungspflichtigen immateriellen Schaden (Schmerzensgeld) gewertet hat. Ob nun der Folgeschaden in Form von Metastasen oder mehr Metastasen als bei frühzeitiger Erkennung des Krebses eintreten wird oder nicht, ist ungewiss. Deswegen hat die Patientin einen sogenannten Feststellungsantrag gestellt, dass die Ärzte auch für Zukunftsschäden haften. Auch diesem Antrag hat das Gericht stattgegeben. Das Feststellungsinteresse ist gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits dann zu bejahen, wenn die Entstehung des Schadens – sei es auch nur entfernt – möglich, aber noch nicht vollständig gewiss ist und der Schaden daher noch nicht abschließend beziffert werden kann, weil er sich noch in der Entwicklung befindet.
  • 5.500,- Euro bei (auffällig) zu großen Brüsten (Körbchengröße E statt C) nach einer Bruststraffung mit Vergrößerung (Schönheitsoperation). Das Gericht verurteilte den Arzt zusätzlich zum Schmerzensgeld zur Rückzahlung des Honorars und zugleich zur Übernahme der Kosten für die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes“, womit es dem Anschein nach gemeint hat: Körbchengröße C.

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